Hormone verstehen
Welche Hormone beeinflussen dich während des Zyklus?
Warum ist es wichtig, über deine Hormone Bescheid zu wissen?
Deine Hormone steuern nicht nur deine Fruchtbarkeit: Ihre Schwankungen haben Einfluss auf deine Stimmung, Energielevel, Liebesleben, Einkaufsgewohnheiten (!), Schlafqualität, Appetit und Gesundheit.
Da deine Hormone einem festen Ablauf folgen, bewirken sie immer das gleiche – Zyklus für Zyklus. Wenn du die Wirkung deiner Hormone kennst, weisst du im Voraus, wie sich deine Stimmung, Gesundheit und Verhalten verändern.
Das Ergebnis: Du kannst deine Tage, Wochen oder sogar Monate besser planen. Dabei kannst du hormonelle Vorteile bewusst nutzen (z.B. Tage mit viel Energie) und hormonelle Herausforderungen besser meistern (z.B. Erschöpfung an schlappen Tagen) – und so jeden Tag in deinem Zyklus besser machen.
Wenn du unter PMS oder PMDS leidest, kann dir das Wissen um deine Hormone helfen, deinen Körper besser zu verstehen und Symptome besser einzuschätzen.
Die Studien dahinter
Der weibliche Hormonzyklus
Dieser Überblick zeigt dir, was in den vier Wochen deines Zyklus passiert und wie dich deine Hormone während dieser Zeit beeinflussen – von den ersten Tagen deiner Periode bis zum Tag vor deiner nächsten.
Tag 1 (erster Tag deiner Periodenblutung) bis Tag 7
Woche 1 – Östrogen steigt
Der Zyklus startet mit dem ersten Tag der Periode. Während der ersten Woche ist Östrogen zuerst auf dem niedrigsten Level und beginnt kontinuierlich zu steigen. In den ersten Zyklustagen machen dich niedrige Östrogenlevel und Menstruationsbeschwerden wie Krämpfe oder Müdigkeit etwas ruhiger und sorgen dafür, dass du am liebsten nah am heimischen Sofa bist.
Im Laufe der Woche steigen deine Östrogenlevel jedoch nach und nach an. Das Hormon Östrogen steigert deine Stimmung, Energie und Geduld, und verstärkt dein Verlangen nach Abenteuer und Geselligkeit.
Du wirst optimistischer und motivierter, deine verbalen Fähigkeiten und dein Erinnerungsvermögen verbessern sich, und es ist einfacher für dich, neue Fakten aufzunehmen und Skills zu lernen. Klingt gut, oder?
Bei einigen Frauen setzen diese hormon-gesteuerten Benefits schnell ein, bei anderen dauert es ein paar Tage länger. Das hängt davon ab, wie sensibel du für Hormonschwankungen bist und ob du genug eisenhaltige Nahrung zu dir nimmst, um den Eisenverlust durch die Periodenblutung auszugleichen. (Wenn deine Eisenwerte zu niedrig sind, kann das für Erschöpfung, Konzentrationsstörungen und eine gedrückte Stimmung sorgen. Wenn du nicht genug Eisen mit der Nahrung aufnimmst, frag deine ÄrztIn ob es Sinn macht ein Nahrungsergänzungsmittel mit Eisen einzunehmen.)
Weitere hormonelle Effekte auf du dich in Woche 1 freuen kannst: Du hast mehr Interesse an Romantik und deine Libido steigt. Wahrscheinlich suchst du jetzt mehr Gelegenheiten, neue Leute kennenzulernen oder Zeit mit deinem/r derzeitigen Partner/In zu verbringen.
Du baust dank steigendem Östrogen auch mehr Muskeln auf, vor allem wenn du Kraft-Übungen machst, z.B. mit Gewichten oder Trainingsbändern.
Hohes Östrogen hat einen leicht appetitzügelnden Effekt. Das macht es einfacher, kleinere Portionen zu essen oder dich für gesündere Lebensmittel zu entscheiden.
Vielleicht stellst du fest, dass chronische Gesundheitsthemen wie Asthma, Hauterkrankungen oder Reizdarmsymptome am Anfang der ersten Zykluswoche stärker sind. Das liegt daran, dass deine Östrogenlevel zwar täglich steigen, aber gerade am Anfang noch ziemlich niedrig sind. Normalerweise lassen solche Symptome innerhalb der ersten Tage mit dem Anstieg des Hormons nach.
Tag 8 bis zur Ovulation/Eisprung (Tag 14 in einem 28-tägigen Zyklus)
Woche 2 – Östrogen und Testosteron steigen bis zu ihrem höchsten Punkt.
Die Lieblingswoche vieler Frauen, und das mit gutem Grund: Östrogen steigt während der gesamten zweiten Zykluswoche weiter an, und verstärkt alle positiven Effekte, die du schon in Woche 1 erlebt hast. Deine Stimmung, Energie und Geduld steigen, du hast Lust auf Abenteuer und neue Erlebnisse, und du bist am glücklichsten, wenn du von vielen Leuten umgeben bist mit denen du quatschen kannst.
Das hohe Östrogen macht dich auch mutiger, selbstbewusster und bereit für Herausforderungen. Du denkst schneller und es fällt dir leicht, neue Fakten und Skills zu lernen.
Während der zweiten Zykluswoche bist du koordinierter und hast schnellere Reaktionszeiten, deine verbalen Fähigkeiten sind auf ihrem Höhepunkt und dein Gedächtnis ist schärfer als sonst.
Östrogen sorgt auch für eine höhere Ausschüttung von schmerzstillenden Endorphinen im Gehirn. Das bedeutet, dass unangenehme Dinge – wie Zahnarztbehandlungen oder Spritzen – in dieser Woche weniger weh tun als in anderen Zykluswochen.
Das hohe Level dieses Hormons macht dich auch selbstbewusster, was dein Aussehen angeht. Tatsächlich macht dich Östrogen auch attraktiver, indem es kleine Veränderungen im Gewebe anregt, die deine Gesüchtszüge einen Hauch symmetrischer wirken lassen.
Tendenziell bist du in dieser Woche weniger hungrig, da Östrogen leicht den Appetit hemmt. Studien zeigen, dass dein Appetit während des Eisprungs sogar noch weiter sinkt und dafür sorgt, dass du weniger isst als zu jeder anderen Zeit im Zyklus. Es fällt dir auch leichter, dich für leichtere und gesündere Lebensmittel zu entscheiden – denn Östrogen stärkt auch deine Willenskraft (und damit deine Fähigkeit, Versuchungen zu widerstehen) und deine Motivation, Dinge zu erreichen, die dir guttun.
In der ersten Zyklushälfte – Woche 1 und 2 – bildest du dank Östrogen schneller und mehr Muskeln mit Widerstands- und Kraftübungen – verglichen mit der zweiten Zyklushälfte, den Wochen 3 und 4.
Ein anderes Schlüsselhormon in Woche 2 ist Testosteron, das gegen Ende dieser Zykluswoche steigt. Wenn das passiert, macht dich das impulsiver, mutiger und wettkampflustiger.
Deine Libido ist während deiner gesamten 2. Woche hoch, aber wenn Testosteron ansteigt, schiebt das deine Libido noch mehr an.
Eine Nebenwirkung kann Woche 2 jedoch haben: Manche Frauen sind in dieser Woche nervös oder gestresster als sonst, da Östrogen für zu viel Erregung im Gehirn sorgen kann. Meditation, Yoga, ein flotter Spaziergang oder Kamillentee helfen, diese hormongetriebene Unruhe zu reduzieren.
Beginnt am Tag nach dem Eisprung und dauert 8 Tage (Tag 15-22 in einem 28-tägigen Zyklus)
Woche 3 – Progesteron steigt, Östrogen und Testosteron sinken in der ersten Wochenhälfte ab, Östrogen steigt danach wieder.
Die dritte Zykluswoche besteht eigentlich aus zwei Teilen: In der ersten Wochenhälfte, direkt nach dem Eisprung, kann es zur einer Vor-PMS-Phase kommen: Die Symptome sind eine kürzere, etwas mildere Version des Prämenstruellen Syndroms (PMS). Reizbarkeit, Erschöpfung und eine gedrückte Stimmung können dabei auftreten. Wie bei PMS werden die Symptome bei dieser Vor-PMS durch das Absinken von Östrogen verursacht.
Viele Frauen wissen, dass Östrogen die letzten Tage vor der Periode absinkt. Doch vielen ist nicht klar, dass Östrogen nicht nur einmal, sondern ZWEIMAL in jedem Zyklus absinkt.
Glücklicherweise steigt Östrogen zum Ende der dritten Woche wieder an. Das bremst eventuelle nervige PMS-Symptome und gleicht deine Stimmung wieder aus.
Kommen wir zum dritten Schlüsselhormon: Progesteron, auch Gelbkörperhormon genannt. Progesteron steigt im Laufe der dritten Zykluswoche an, und macht dich langsamer, ruhiger, vorsichtiger und vielleicht sogar ein bisschen benebelt und müde. Das liegt daran, dass Progesteron ein sedierendes Hormon ist. Wenn du sensibel gegenüber Progesteron bist, kann das in dieser Zyklusphase für Stimmungsschwankungen, Traurigkeit und Weinen sorgen.
Wenn du nicht zu müde bist, kannst du dich besonders gegen Ende der Woche gut konzentrieren und Fleissaufgaben erledigen, für die dir in Woche 2 die Geduld gefehlt hätte.
Während der Woche 3 steigert Progesteron dein Verlangen nach “comfort foods” mit mehr Fett und Kalorien. Du hast mehr Appetit und bist öfter hungrig, weswegen du wahrscheinlich größere Portionen isst, und öfter zu Snacks greifst.
All das passiert, weil dein Körper denkt, du könntest beim Eisprung schwanger geworden sein – und Progesteron sorgt dafür, dass du genug für Zwei isst.
Wenn du in dieser Woche zu wenig, zu unregelmäßig oder zu viele einfache Kohlenhydrate (Süßes) isst, riskierst du dramatische Stimmungsschwankungen, die dich wütend oder traurig machen. Das liegt daran, dass sehr viele Frauen aufgrund von Progesteron sensibler auf niedrigen Blutzucker reagieren. Die einfache Lösung: Regelmäßig essen, Hungergefühle nicht ignorieren und möglichst Sachen essen, die deinen Blutzucker stabil halten (Komplexe Kohlenhydrate wie Vollkorn und Gemüse statt Zucker- und Weissmehl-Haltigem). So bleibt auch deine Laune stabil.
Andere Effekte von Progesteron: Es kann zu Verstopfung führen, weil es deine Verdauung abbremst damit dein Körper mehr Nährstoffe aufnehmen kann – nur für den Fall dass du schwanger bist. Es steigert auch die Wasseraufnahme, weswegen du dich eventuell aufgequollen fühlst.
Ein Bonus in dieser Zyklusphase: Du verbrennst bis zu 30% Prozent mehr Fett wenn du Sport machst! Bedanken kannst du dich dafür bei der Kombination aus Progesteron und Östrogen, die deinen Körper effizienter darin macht, Energie aus Fett zu gewinnen. Plus: Schwitzen beim Sport hilft auch dabei, hormon-geschuldete Wasseransammlungen auszuschwemmen.
Deine Libido tendiert dazu, aufgrund von Progesteron stark abzusinken. Die Forschung zeigt aber auch, dass das gleiche Hormon dafür sorgt, dass du dich deinem Partner emotional näher fühlst – und dich eventuell nach mehr Knuddeln und Händchenhalten sehnst.
Die letzten 6 Tage deines Zyklus
Woche 4 – Östrogen und Progesteron sinken stark ab.
Östrogen fällt während der Woche vor deiner Menstruation. Je tiefer es fällt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass deine Stimmung ebenfalls in den Keller geht und du traurig, reizbar oder ängstlich wirst. (Das liegt unter anderem daran, dass Östrogen Einfluss auf das Glückshormon Serotonin hat.)
Aber – und das ist ein großes Aber – nicht alle Frauen haben Stimmungsschwankungen vor ihrer Periode. Abhängig von deinen Genen und deinem Lebensstil (wie gesund du isst, wieviel Sport du machst und wie gut du dich entspannen kannst) kann es sein, dass du wenige bis gar keine prämenstruellen Symptome hast, oder heftige Stimmungstiefs erlebst.
Egal wie ausgeprägt deine Stimmungsschwankungen sind, allgemein kann dich sinkendes Östrogen zynischer, pessimistischer und kritischer machen, weil du dich schneller auf Negatives konzentrierst. Aus diesem Grund bist du etwas vorsichtiger und bevorzugst sichere oder vertraute Dinge eher als unkonventionelles oder Neues. Beim Wählen eines Restaurants entscheidest du dich z.B. lieber für eines in dem du schon ein dutzendmal warst, statt in ein neues zu gehen.
Überraschenderweise ist diese Woche in der Regel nicht die Müdeste Woche deines Zyklus. Diese Ehre geht an Woche 3, wenn steigendes Progesteron dir den Pep raubt. Studien zeigen, dass du wieder etwas mehr Energie hast, sobald die Level dieses “einschläfernden” Hormons in Woche 4 fallen.
In dieser Woche kehrt häufig deine Libido zurück – auch wenn das technisch nicht an den Hormonen liegt. Forscher gehen davon aus, dass die Vorbereitung des Körpers auf die Menstruation Nervenenden im Unterleib stimuliert.
Fallendes Östrogen steigert deinen Appetit auf Kohlenhydrate wie Süßigkeiten, Nudeln und Brot. Der Grund? Zusammen mit Östrogen fällt auch das Wohlfühlhormon Serotonin – und Kohlenhydrate helfen, Serotonin wieder aufzufüllen. Darum bringt dich dein Körper dazu, mehr davon zu essen.
Progesteron fällt zwar in dieser Zykluswoche, es ist aber immer noch genug da um deinen Appetit auf Essen mit vielen Kalorien und Fett zu steigern.
Du willst dein Gewicht in Schach halten? Mit Aerobic/Cardio verbrennst du bis zu ein paar Tagen vor deiner Periode bis zu 30% mehr Fett als sonst, da die Kombi von Östrogen und Progesteron deine Fettverbrennung anregt.
Chronische Beschwerden wie Asthma, Hautausschläge, Reizdarm oder auch ADHS-Symptome können in Woche 4 schlimmer werden. Das liegt an niedrigen Östrogenleveln. Wenn du in dieser Zeit regelmäßig Symptome hast, sprich mit deinem Arzt/Ärztin – viele Behandlungen können an diese Zyklusschwankungen angepasst werden, um Symptome von vorneherein zu verhindern.
Schlimme PMS – Warum? ist das noch normal?
„PMS ist völlig normal, damit muss man leben.“ Leider bekommt man solche Sätze noch häufig zu hören. Richtig ist: Die meisten Frauen (etwa 80%) erleben hin und wieder unangenehme Symptome, oder haben leichte Stimmungsschwankungen vor den Tagen. Aber: Normalerweise sind diese Symptome mild, und das Gehirn schafft es, die Hormonschwankungen und deren Wirkung auszugleichen. Wenn du vor oder während deiner Periode jedoch dauernd Heulanfälle, Depressionen oder Wutausbrüche hast, und von deinen Gefühlen so überwältigt wirst, dass dein Alltag darunter leidet – dann nein, ist das nicht normal! Möglicherweise leidest du dann nicht an PMS, sondern an PMDS – einer Prämenstruellen Dysphorischen Störung. Diese tritt auf, wenn dein Körper eben nicht in der Lage ist, angemessen auf die Hormonschwankungen zu reagieren. Manche Betroffene beschreiben es sogar als eine Art „Allergie“ gegen Hormone.